1919 – Gründung der Cimbria Kufstein

Anlässlich des 50. Siftungsfests der K.Ö.St.V. Cimbria Kufstein im Jahr 1969, berichtete der Gründer Ing. Meinrad Schumacher v./o Perkeo † über die Gründung unserer Verbindung:

„Im Schuljahr 1918/19, also gleich nach dem für die alte österreichische Monarchie so tragisch verlaufenden Ende des Weltkrieges 1914/18, kam ich als Schüler der dritten Klasse an das Realgymnasium in Kufstein. Dort trat ich bald der damals regen und blühenden Marianischen Kongregation bei, die mich mit Gleichgesinnten zusammenführte.

Mein Vater, der im Herbst 1964 in Innsbruck verstorbene Obermedizinalrat Dr. Hermann Schumacher, Urteutone (TMV) und Dr. cer. Konradin der akademischen Verbindung Austria in Innsbruck und begeisterter CVer – sein Name soll ehrend hier genannt werden, weil er bei mir die stets treibende Kraft für die Gründung einer katholischen Verbindung in Kufstein war -, drängte mich stets zum Handeln.

Ich war Schüler der dritten Klasse und zählte erst fünfzehn Jahre. Anlässlich eines Dauerlaufes und Ausfluges einiger Kongreganisten der dritten und vierten Klasse zum Gasthof Bayrischer Hof bei Kufstein regte ich die Gründung einer katholischen Verbindung an. Mein Vorschlag fand begreiflicherweise keine Gegenliebe, war ich doch der einzige in der Runde, der mit dem Verbindungswesen je zu tun hatte. Ich war Fuchs bei der Ferialverbindung Obladina in Obladis gewesen, die vor dem Kriege einige Jahre existiert hatte. Nach längerem Zureden gelang es mir doch wenigstens einen Freundschaftsbund, wie wir ihn nannten, zu gründen. Bei Most und Kracherl wurde diese Gründung besiegelt. Von den sechs Mitgliedern dieses Kreises bin ich als einziger noch übrig geblieben.

Anlässlich eines Besuches meines Vaters in Kufstein im folgenden Herbst 1919 drängte dieser neuerdings zur Gründung einer katholischen Verbindung, um so mehr, als die dort schon einige Jahre bestehende freiheitliche Verbindung sozusagen ohne Konkurrenz freie Bahn hatte. Mein Vater versprach, mich in allen Dingen wärmstens zu unterstützen, wenn es einmal so weit wäre.

Den vor kurzem in Salzburg verstorbenen Magister Hermann von Wallpach-Schwanenfeld, Kongreganist und Schüler der sechsten Klasse, konnte ich gelegentlich einer Aussprache für eine Verbindungsgründung begeistern. Unser Religionsprofessor Johann Tscholl, Bundesbruder meines Vaters, Austria Innsbruck, den wir gleich aufsuchten, hatte zuerst keine große Freude mit dieser Idee. Er fürchtete wohl auch für den Bestand der Kongregation. Desto trotz spendete er sofort 50 Kronen als Grundstock für die Klasse, ein damals ansehnlicher Betrag, und lieh uns zehn Liederbücher.

Als Verbindungsname schlug Wallpach, mit dem späteren Kneipnamen Armin, „Ligia“ vor, während Professor Tscholl lieber „Cimbria“ oder „Geroldseck“ (Festung Kufstein) gehabt hätte. Der name „Ligia“ blieb, und auf meinen Vorschlag wurden die Farben „Grün-Rot-Gold“ mit grüner Samtmütze festgelegt. Am 18. Oktober 1919 fand im Gasthof Neuwirt die Gründungskneipe statt, an der sieben Schüler, darunter auch als eines der ältesten Mitglieder Hanns Mosbauer, vulgo Volker, dem bald Gerbert Schuchter vulgo Faust folgte, teilnahmen. Um 20:30 Uhr war die Gründungskneipe auf der ich als Senior fungierte, schon ex. Außer mir als Gründer und Senior waren alle Mitglieder Füchse. zu dieser Zeit hatten wir noch keinerlei Inventar, weder Mützen noch Bänder.

Mein Bruder Hermann, stud. phil., ebenfalls Mitglied der akademischen Verbindung Austria Innsbruck, nahm über Wunsch meines Vaters sofort Verbindung mit mir auf und machte mehrere Vorschläge, unter anderem die Farben in Schwarz-Weiß-Grün mit schwarzer Mütze zu ändern.

Es war eine sorgenvolle Zeit, da es durch die Nachkriegszeit bedingt, auch käuflich weder Mützen und Bänder noch sonstiges Verbindungsinventar gab. Meine diesbezüglichen Hoffnungen stützten sich ganz auf die Zusagen meines Vaters. es müßte also ein Wunder geschehen – und – es geschah! Am 11. November 1919 erhielt ich von meinem ebengenannten Bruder Hermann die briefliche Mitteilung, daß er am nächsten Tage, am 12. November (Feiertag, Gründungstag der Republik Österreich), nach Kufstein kommen und uns eine ganze Verbindungs-Ausstattung mitbringen werde. Diese freudige Mitteilung ließ ich sofort allen Bundesbrüdern zukommen und berief am nächsten Tag, den 12. November 1919, um 16 Uhr den Gründungskommers ein.

Am genannten Tage um 16 Uhr kamen die wenigen Bundesbrüder der Liga zusammen, um den Gründungskommers steigen zu lassen.

Mein Bruder gab zuerst eine allgemeine Erklärung über das Verbindungswesen ab und übergab uns dann das mitgebrachte Patengeschenk. Dieses übertraf alle unsere bescheidenen Erwartungen: es war das gesamte gerettete Inventar mit Cerevise, Mützen, Bändern, Schärpen und vor allem das Vollwappen der im Jahre 1912 gegründeten Cimbria Trient mit den Farben Rot-Weiß-Gold und weißen Samtmützen.

Wir konnten das Inventar ohne irgendwelche Bedingungen der Tradition oder ähnlichem kostenlos übernehmen. Den Verbindungszirkel der Verbindung Cimbria Trient wollten wir beibehalten und wir versprachen natürlich, Cimbria Trient, wenn wir auch keine Beziehung zu ihr hatten, nie zu vergessen und ihr Andenken stets hochzuhalten. Dies um so mehr, als Trient als Grenzstadt durch die Grenzstadt Kufstein, nun abgelöst wurde. Es möge hier eine kurze Aufzeichnung meines Bruder Hermann über die Übernahme des Inventars der Cimbria Trient Platz finden:

„Im Jahre 1912 war am deutschen Gymnasium in Trient eine katholische Mittelschulverbindung Cimbria gegründet worden.

Ein Mitglied dieser Cimbria kam nach Ausbruch des Krieges mit Italien zu uns Teutonen nach Innsbruck. Bald trennte uns der Ruf zu den Waffen, und erst gegen Ende des Krieges trafen wir uns wieder.

Dem Vater meines damaligen Bundesbruders war es indessen gelungen, das gesamte Inventar der Trienter Cimbria nach Innsbruck zu bringen. Dort lagerte es unbenützt auf einem Schrank und drohte zu verstauben.

Davon wußte ich, und als im November 1919 sich in Kufstein etwas rührte und mein Bruder Meinrad daranging, eine Verbindung ins Leben zu rufen, war es nicht ferneliegend, sich dieser nutzlos gewordenen Utensilien zu erinnern und um deren Überlassung für die in Kufstein zu gründende Verbindung anzusuchen.

Mein Mittelsmann bekam von maßgebenden Leuten der Cimbria Trient das Einverständnis zur Überlassung des Inventars. Herunter kam der große Karton vom Schrank und der gesamte Inhalt: Cerevise, Mützen, Bänder und Schärpen, wurden nach Kufstein verfrachtet, wo am 12.11.1919 mit einem Gaudeamus der bescheidene Kommers eröffnet wurde, der eine neue Cimbria mit den Farben Rot-Weiß-Gold aus der Taufe hob.“

Diese Symbole, welche die Cimbria Kufstein damals von der Trienter Cimbria übernommen hatte, sind nunmehr fünfzig Jahre Leitstern und Hort der Jugend gewesen.

Wir änderten also unseren Namen in Cimbria, die Farben Rot-Weiß-Gold und Weiß als Mützenfarbe. Das alte Vollwappen der Cimbria Trient hängt heute noch an einem Ehrenplatz in unserer Bude im Fuchsturm der alten Kufsteiner Festung und ziert meist den Saal unserer Stiftungskommerse. Mein Bruder Hermann brachte uns auch gleich die von ihm auf die neuen Farben verfaßte Burschen- und Fuchsenstrophe mit. Wallpach v. Armin, der 1967 starb, ich und noch zwei Bundesbrüder, die heute nicht mehr bei uns sind, wurden zu Burschen ernannt, der erstere zum Consenior und ich zum Senior. Die anderen Bundesbrüder blieben Füchse. Die Freude über dieses Geburtstagsgeschenk kann kaum beschrieben werden und kann nur der ermessen, der einmal bei Gründung einer Korporation in schwerer Zeit selbst Verantwortung und Sorge trug und teilte. Nach dem offiziellen Teil, den Bruder Hermann geführt hatte, übernahm ich das Präsidium im Inoffizium und nahm noch allen Bundesbrüdern das Ehrenwort des Festhaltens und vorläufigen Stillschweigens ab.

Von Austria Innsbruck erhielten wir bald über Verwendung meines Vaters mehrere alte weiße Mützen, die seit dem 1914 stattgefundenen 50jährigen Stiftungsfest im Austria-Haus noch lagernd waren. Durch Aufnähen eines weißen Zwischenbandes konnten wir sie in unsere Farben Rot-Weiß-Gold umwandeln. Meinem Vater und meinem oft genannten Bruder Hermann verlieh Cimbria-Kufstein zum Dank für ihre Mithilfe das Ehrenband. – Der Grundstock war gelegt, die Verbindung existent.

Nach mehreren Kneipen und einer fröhlichen Nikolokneipe, auf der vier weitere Füchse rezipiert wurden, fand am 20.12.1919 der Weihnachtskommers statt.

In den Annalen lesen wir:

„….Die Feier war ein echtes Familienfest. Ein kleines reichbehangenes Christbäumchen zierte das Zimmer. Im inoffiziellen Teil wurde Tee und Kuchen serviert. Dank einiger freigiebiger Bäckermeister, bes. des Herrn Köhle, konnte man der ganzen Korona einen kleinen Schmaus bieten. Frau von Wallpach hatte sich die Mühe genommen, das gesammelte Mehl in 300 Keks und 2 Zöpfe zu verwandeln. Weiters bekamen wir einen Laib Johannisbrot, und die Wirtin spendierte eine Flasche Rum. nach dem Losverkauf werden die Treffer verteilt und zum Schluß der Christbaum unter grpßem Lärm versteigert.“

Diese familiäre Atmosphäre ist charakteristisch für unsere Cimbria, wollten wir doch nie ein exklusiver Club oder ähnliches, sondern immer eine fröhliche, ungezwungene Gemeinschaft sein, in der die Freundschaft zum Nächsten, eben zum Bruder, unauslöschlich und bestimmendes Merkmal ist.